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2007-06-27

Polizeihund: Große Brutalität und unter anderem mit Rasierklingen und Nägeln bestückte Kartoffeln als Wurfgeschosse

Die Angst ist ständiger Begleiter

Fluorn-Winzeln/Kreis Rottweil. “Da ist mir ganz schön die Düse gegangen, als Tausende von Demonstranten, darunter viele schwarz vermummte Autonome, auf uns zurückten.” Michael Gleichauf, Polizeihundeführer bei der Polizeidirektion Rottweil, wird sein 14-tägiger Einsatz beim G8-Gipfel in Heiligendamm unvergesslich bleiben.

“In der heißen Phase sind einem morgens, wenn man zu seinem Einsatzort ausrückte, schon die Gedanken durch den Kopf geschossen, ob man den Tag unverletzt und lebend übersteht”, schildert der Fluorn-Winzelner das mulmige Gefühl, das ihn und seine Kollegen während dieses ungewöhnlichen Einsatzes beschlichen hatte. Immerhin war er mit seinem 18 Monate alten Hund Carlo direkt am Zaun, der das Gebiet um Heilgendamm hermetisch abgrenzte, stationiert. So war er dann auch “heilfroh”, dass er und sein Hund nach zwei Wochen wieder unbeschadet in den Kreis Rottweil zurückfahren konnten. “Es war auf jeden Fall ein bewegendes Erlebnis mit vielen positiven, aber auch negativen Eindrücken. Ob ich mich wieder zu solch einem Einsatz melden würde, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht sagen”, betont Gleichauf.

Am Pfingstsonntagabend begann für Gleichauf das Abenteuer G8-Heiligendamm. Im Konvoi mit vier weiteren Polizeihundeführern aus dem Kreis Konstanz und dem Schwarzwald-Baar-Kreis startete er zur zwölfstündigen Nachtfahrt zu ihrer Unterkunft im Ostseebad Rerik, rund 20 Kilometer von Heiligendamm entfernt. “Mit unserem Hotel haben wir wirklich Glück gehabt. Und das zweite Glück für mich war, dass ich in den Tagesdienst von 6 bis 18 Uhr eingeteilt war.” In der ersten Woche wurde Gleichauf zusammen mit 49 anderen Hundeführern in einem Bereich an der Küste in der Nähe von Kühlungsborn, wo sich das Pressezentrum befand, bis zum Abschirmungszaun eingesetzt. "Dabei hatten wir auch die Aufgabe, die zwischen Kühlungsborn und Heiligendamm verkehrende historische Dampflok “MolliÜ sowie die Gleisanlage zu überwachen.” Es kam auch zu ersten Begegnungen mit kleineren Demonstrantengruppen. “Der Dienst war aber insgesamt recht angenehm, vor allem auch für die Hunde, die bei den Patrouillen am Strand ein Bad in der Ostsee nehmen konnten”, erzählt Gleichauf. Das änderte sich allerdings mit den Krawallen in Rostock schlagartig. “Als wir mitbekommen haben, mit welcher Brutalität die Autonomen vorgegangen sind und wie schwer viele unserer Kollegen verletzt worden sind, haben wir schon Wut verspürt.” Mit der Ankunft des US-Präsidenten George W. Bush begann auch für Gleichaufs Hundeführer-Gruppe die heiße Phase. Sie wurde zu einem Brennpunkt im Hinterland verlegt, einer Schleuse durch den Zaun. “Diese Zufahrt Richtung Heiligendamm benutzten weiterhin die Einwohner wie auch Pressevertreter. Unser Einsatzbereich zog sich drei Kilometer am Zaun entlang.” In einer Entfernung von vier Kilometern befand sich ein großes Camp mit 5000 Demonstranten.

Black Block

Es dauerte dann auch nicht lange, bis Gleichauf Kontakt mit Autonomen – “diese sind glücklicherweise leicht zu erkennen, da sie in der Regel schwarz gekleidet und häufig vermummt sind” – und den “besonders hinterhältigen Clowns”, die unter ihren weiten Gewändern große, mit Säure gefüllte Spritzen verbargen, bekam. “Wir erhielten Informationen, dass sie sich in unserem Bereich zusammenziehen wollten mit dem Ziel, den Zaun einzureißen. Wir mussten auch damit rechnen, dass sie dabei mit großer Brutalität vorgehen und unter anderem mit Rasierklingen und Nägeln bestückte Kartoffeln als Wurfgeschosse einsetzen würden”, schildert Gleichauf die Situation. Trotzdem sei von der Einsatzleitung immer als oberste Devise ausgegeben worden, einen Kurs der Deeskalation zu fahren.

Der eigentliche Gipfeltag stellte sich dann auch für die Polizisten als krasser Tag heraus. Zwischen 3000 und 5000 Demonstranten, darunter viele Autonome, “die die friedlichen Demonstranten als Schutz missbrauchten”, setzten sich Richtung Schleuse in Bewegung, wie Gleichauf berichtet. “Von den Hubschraubern, die ständig über dem Gelände kreisten, wurden wir laufend mit neuen Infos versorgt. Wir sind davon ausgegangen, dass der Zaun fällt und wir uns Richtung Heiligendamm zurückziehen müssen.” Es gelang aber den dort versammelten Polizeieinheiten, den Zug der Demon-stranten vor der Schleuse aufzuhalten. “Wir Hundeführer und auch die Kollegen der Pferdeeinheiten konnten die Demonstranten doch vom Zaun abdrängen, so dass gerade auch die Autonomen auf das freie Feld auswichen. Daraus entwickelte sich ein mehrstündiger Belagerungszustand, es flogen auch einige Steine. Letztendlich kapitulierten die Demonstranten und zogen ab. Es war offensichtlich, dass die Autonomen sich auf freiem Feld nicht wohl fühlen. Sie hatten ja auch schon ihren Erfolg in Rostock.”

Und damit gingen dann auch für Gleichauf die Tage mit bis zu 17 Stunden im Einsatz zu Ende. “Ich bin von diesen zwei Wochen mit 170 Überstunden zurückgekommen.”

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